Was uns unsere Energie raubt

- Wie man mit Energieräubern umgeht -

Unser alltägliches Leben ist geprägt von Lebensumständen, Begegnungen mit Menschen und Aufgaben, die uns entweder Kraft schenken oder unseren inneren Energiehaushalt anzapfen. An manchen Herausforderungen können wir wenig ändern. Dennoch liegt es in unserer Hand, für uns zu sorgen und eine gesunde Balance zu erreichen. Aber wie können wir das schaffen?

Wenn jemand uns die Frage stellt, was uns im Leben guttut und was uns weniger wohl bekommt, werden die meisten von uns nach kurzem Überlegen sowohl einige Kraftquellen als auch einige Energieräuber benennen können. Jedoch beschäftigen wir uns ungefragt eher selten damit herauszufinden, wie ausgewogen unsere Balance zwischen Kraftquellen und Energieräubern in unserem Leben eigentlich wirklich ist. Meist sind wir so sehr mit unseren täglichen und wiederkehrenden Aufgaben und Terminen beschäftigt, dass wir die entsprechenden Abläufe irgendwann als normal und selbstverständlich erachten. Wenn es ungünstig läuft, verfallen wir in einen Automatismus, sodass wir alle Dinge – egal, ob es sich um alltägliche Verpflichtungen oder um Freizeitaktivitäten handelt – nur noch abhaken um es hinter uns zubringen.

Doch hier ist Vorsicht geboten, denn es handelt sich um einen Teufelskreis. Denn Menschen, die in einen solchen Automatismus oder Funktionsmodus geraten, laufen Gefahr, sogar positive Begebenheiten, wie ein Treffen mit Freunden oder das Ausüben von Hobbys, nur noch als zu erledigende Termine oder (lästige) Verpflichtungen zu sehen. Dies sorgt dann dafür, dass einem die Freude daran vergeht. Ein weiterer Faktor ist, dass wir hierbei nicht mehr – so wie ursprünglich – an innerer Energie gewinnen, sondern sogar Energie verlieren. Dadurch verfallen wir in einen Modus, der es nicht mehr zulässt, aus eigentlich positiven Aspekten neue Kraft zu schöpfen. Es wird zunehmend schwieriger, Möglichkeiten zur eigenen Regeneration zu finden. Somit beginnt eine fatale Abwärtsspirale. Das Prekäre daran ist, dass es sich dabei um einen schleichenden Prozess handelt, der oftmals erst spät erkannt wird. Häufig besteht hier die Gefahr, innerlich auszubrennen. Es kann dann längere Zeit in Anspruch nehmen, die inneren Akkus wieder langfristig und konstant aufladen zu lernen. Menschen, denen so etwas widerfährt, sind im Regelfall sehr gewissenhafte und teils zu Perfektionismus neigende Persönlichkeiten. Auch, wenn es langwierig und nicht einfach ist, den Weg aus diesen Erschöpfungszuständen herauszufinden, lernen viele Menschen sich durch solch eine – wenngleich schwere und mitunter schmerzhafte – Erfahrung selbst neu kennen. Sie werden sich darüber bewusst, in welchen Bereichen sie sich selbst oder ihre eigenen Bedürfnisse massiv vernachlässigt haben, wo sie aktiver „die Freude in ihr Leben lassen dürfen“, und wo es gilt, sich besser abzugrenzen und den Perfektionismus abzulegen.

Damit uns dieses Ausbrennen möglichst gar nicht erst passiert, ist es wichtig, dass wir zwischendurch immer wieder bewusst aus dem täglichen Hamsterrad aussteigen und hineinspüren, was gerade unser Bedürfnis ist. Man spricht von Selbstreflexion. Sie ist sehr wichtig für uns, denn nicht jeder hat eine gesunde Selbstfürsorge erlernt. Manchen von uns fällt es daher nicht so leicht, Zugang zu den eigenen gegenwärtigen Bedürfnissen zu bekommen. Wir können dies jedoch trainieren, indem wir uns regelmäßig Zeit dafür nehmen, bewusst in uns hineinzuspüren und uns fragen: „Wie fühle ich mich gerade?“ und „Was würde mir nun guttun?“.

Auch kann hilfreich sein, eine persönliche Bilanz aufzustellen, indem wir einmal all unsere Lebensbereiche (Partnerschaft, Familie, Freunde, Job, Freizeit) durchgehen und uns fragen, welche Teilaspekte uns daran kräftigen und was uns jeweils auslaugt. So verschaffen wir uns einen Gesamtüberblick und können bei Bedarf in einigen Bereichen eventuell sogar Optimierungen vornehmen. Natürlich hat jeder von uns Verpflichtungen, die erledigt werden müssen und an denen wir nicht ganz vorbeikommen. Auch ist es nicht möglich, permanent einen großen Bogen um Menschen mit aus unserer Sicht herausfordernden Persönlichkeiten zu machen. Verschiedene Faktoren, wie unsere innere Einstellung dazu, und kleinere äußere Veränderungen können aber dafür sorgen, dass wir gelassener mit diesen Situationen oder Menschen umgehen können.

Wenn wir uns beispielsweise dafür öffnen, in herausfordernden Situationen ein persönliches Wachstumspotential für uns zu sehen, macht dies einen großen Unterschied für unser eigenes Wohlbefinden und unsere Motivation. Haben wir beispielsweise in unserem beruflichen Umfeld eine Kollegin oder einen Kollegen, welche uns immer wieder auf die Nerven geht, können wir auch eine solche Situation als persönliches Lernfeld betrachten.

Wir alle tragen Persönlichkeitsanteile in uns, die nicht bei all unseren Mitmenschen Zuspruch finden. Handelt es sich womöglich um eine Kollegin oder einen Kollegen, die oder der uns in seiner Arbeitsweise zu langsam ist, tragen wir selbst vielleicht ein persönliches Thema in Form von Ungeduld mit uns herum. Schaffen wir es, diesen eventuell zuvor blinden Fleck bei uns ausfindig zu machen, können wir zum einen daran wachsen und innere Ruhe oder Geduld trainieren und andererseits zufriedener im Hinblick auf unsere Arbeitsumgebung werden. Ebenso könnten wir vielleicht unsere Hilfsbereitschaft einbringen, indem wir womöglich unsere Unterstützung anbieten.

Das könnte zudem die zwischenmenschliche Beziehung zwischen uns und der Kollegin bzw. dem Kollegen bestärken. Somit könnten wir einen Energieräuber in die positive Richtung ausbalancieren. Anderseits machen wir wiederum in unserem privaten Umfeld einen Umstand aus, der uns Energie raubt, können wir uns überlegen, welche Veränderungen uns helfen würden. Vielleicht treffen wir uns jede zweite Woche mit mehreren Freunden, um etwas zu unternehmen. Wenn wir jedoch feststellen, dass wir an einen Punkt geraten, an dem wir diese Unternehmungen vorrangig als terminliche Verpflichtungen empfinden und uns daher die Freude daran verloren geht, sollten wir etwas ändern. Eventuell spüren wir, dass wir einen der beiden verplanten Tage lieber allein mit einem guten Buch auf dem Sofa verbringen würden – und das ist auch völlig in Ordnung.

Natürlich kann es dann sein, dass diese Vorstellung, unseren Freunden mitzuteilen, dass wir ab sofort nur noch an einem Treffen im Monat teilnehmen möchten, Angst vor Ablehnung in uns hervorruft. Auch diesen Befürchtungen dürfen wir uns stellen und lernen, für uns selbst einzustehen. Haben wir diese Situation auf unseren Wunsch hin verändert, können wir das nun für uns monatlich einmalig stattfindende Treffen mit den Freunden viel eher genießen können – ebenso wie den dazugewonnenen „Selbstfürsorge-Tag“. Und so haben wir einen von uns empfundenen Energieräuber in eine Kraftquelle verwandelt.

Nicht selten sind es aber die kleinen Dinge, die uns unnötigerweise Energie rauben. Dabei handelt es sich um Verhaltensweisen, Gedanken, destruktive Glaubenssätze, die uns manchmal nicht so sehr bewusst sind, uns aber dennoch einiges an Energie, Freude und Lebenszeit stehlen. Besonders in unserer heutigen schnellen Zeit verlieren wir uns häufig im Social-Media- oder TV-Jungle, ohne es zu merken. Das Ansehen von Katzenvideos oder Ähnlichem mag uns einen kurzen Augenblick der Freude oder Faszination bescheren, raubt uns allerdings in der Summe oftmals eine Menge Zeit und Energie. Ebenso kann das Chatten und ziellose Surfen auf Plattformen überhandnehmen und uns auslaugen.

Wir dürfen wieder lernen, mehr Zeit im realen Leben zu verbringen. Anstatt vor dem Smartphone, TV oder Computer zu versacken, können wir beispielsweise neue Energie bei einem ausgiebigen Waldspaziergang schöpfen. Dort werden unsere Sinne mit positiver Wahrnehmung konfrontiert und unsere innere Energiequelle so genährt. Ebenso das Kennenlernen von neuen Entspannungsmethoden, sich in verschiedenen Bereichen kreativ auszuprobieren oder sich mit Tieren zu beschäftigen kann uns neue Kraft geben. Wichtig ist es, auch hier auf die eigenen inneren Ressourcen zu achten. Denn nichts davon sollte uns zusätzlichen Stress verursachen.

Die Selbstreflexion über unsere einzelnen persönlichen Energieräuber und Kraftquellen sowie kleinere und größere Veränderungen können bereits einiges in Richtung positive Balance bewirken. Doch was tun wir, wenn uns das Leben in einem Lebensbereich extrem herausfordert, weil die Umstände alles andere als angenehm sind? Uns allen ist bewusst, dass das Leben einer Achterbahnfahrt gleichen kann und niemand von uns vor Schicksalsschlägen, Verlusten oder Krankheiten gefeit ist. In solchen Phasen kann es uns schwerfallen, unsere innere Kraft und Stärke zu bewahren. Nicht selten verlieren wir die positiven und uns bestärkenden Ressourcen aus den Augen. Aber genau dann ist es essenziell, das wir uns an positiven Ankern in unserem Leben festhalten. Wir können uns dankbar bewusst machen, mit welchen Segnungen wir in unserem Leben – trotz der Widrigkeiten in diesem einen Lebensbereich – beschenkt sind. Auch in schwierigen und womöglich schmerzhaften Lebensphasen dürfen wir uns stetig neu bewusst machen, dass diese Phase vorübergeht und können so positiv aus einer solchen Erfahrung hervorgehen.

Uns wird also nun bewusst, dass wir eine Menge tun können, um aus einer ohnmächtigen Position in eine Haltung der Selbstfürsorge zu gelangen. Ein bewusster Umgang mit den Energieräubern in unserem Leben und dahingehende kleinere Veränderungen können dafür sorgen, dass wir unsere innere Kraftquelle auffüllen, was zu mehr Lebensqualität führt. Ebenso liegt es an uns, dafür Sorge zu tragen, dass in schwierigen Lebensumständen unser innerer Energiehaushalt nicht in Schieflage gerät. Dabei helfen uns ebenso unsere inneren wie äußeren Kraftquellen als stärkende Ressourcen. Es kann unser Leben daher absolut positiv verändern, wenn wir einen sensiblen Umgang mit Energieräubern und unseren persönlichen Kraftquellen finden. Wenn wir hier und da etwas an kleineren und größeren Stellschrauben drehen, steigt unsere Lebensqualität an. Es lohnt sich – für uns!

Silvia Exner
 

 

 

 

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