- Wage den Schritt in die Veränderung -
Gerade das Loslassen ist ein überaus wichtiger Prozess in unserem Leben und braucht eine Entscheidung von uns. Eine Entscheidung, die uns oft nicht leicht fällt…
Eine Entscheidung macht den Kopf frei, sie entlastet uns, denn das Gedankenkarussell, das stetig die Frage nach dem „Richtig“ oder „Falsch“ gegeneinander abwägt, kommt so zum Stillstand. Deswegen sind Entscheidungen so wichtig.
Wir treffen in unserem Leben unzählig viele Entscheidungen. Von allem ganz kleine, alltägliche Dinge müssen immer wieder entschieden werden, und wir tun es auch. Oft sehr schnell, beinahe unbewusst und ohne uns jedes Mal einen großen Plan zu machen. So banal diese Tatsache ist, solltest du sie dir immer wieder bewusst machen. Denn das bedeutet auch, dass du schon immer ein „Entscheider“ warst und es Tag für Tag wieder bist. Das kann dir etwas mehr Sicherheit geben, wenn die wirklich großen Dinge zu entscheiden sind.
Allerdings kosten auch kleine Entscheidungen Kraft, so dass wir ganz automatisch einmal getroffene Entscheidungen zur Routine werden lassen. Ein gutes Beispiel dafür ist die alltägliche Einkaufsliste. Ich bin schon sehr gut darin, nach einem harten Arbeitstag dann fast mit geschlossenen Augen durch meinen Stammsupermarkt zu laufen, um die täglichen Einkäufe jedes Mal in der gleichen Reihenfolge „einzusammeln“. Aber wehe, eines der Dinge fehlt, ist ausverkauft oder nicht mehr im Angebot. Das reißt mich sofort aus meinem Energiesparmodus. Was mache ich jetzt? Was anderes kaufen? In den nächsten Supermarkt gehen? Das ist der Moment, wo sehr deutlich wird, dass das Entscheiden Kraft kostet. Um zu verhindern, dass mich das zum Ende des Tages ärgert, mache ich übrigens folgendes: Ich nutze das Fehlen des gesuchten Produkts, um stattdessen mal etwas Neues auszuprobieren. Und ganz ehrlich, meistens ist das tatsächlich eine gute Entscheidung gewesen.
Die Entscheidungen, um die es hier geht, sind aber die großen Entscheidungen in unserem Leben. Auch von diesen Entscheidungen gibt es eine ganze Reihe, die wir zu treffen hatten und auch noch zu treffen haben. Vor allem betraf das den Moment, wenn wir auf dem Weg zum Erwachsenwerden und auch die Jahre danach uns entscheiden mussten, was wir beruflich machen wollen oder welchen Platz eine Partnerschaft, eine Familie in unserem Leben einnehmen soll. Wir haben uns entschieden, bei den Eltern auszuziehen oder auch nicht. Somit verschob sich unser Lebensmittelpunkt und verschiebt sich vielleicht immer wieder, manchmal quer durch das ganze Land, manchmal noch wesentlich weiter. Das sind Entscheidungen, von denen wir wussten, dass sie kommen werden. Entscheidungen, die oft mit der Neugier auf den neuen Teil unseres Lebens verbunden waren. Dennoch Entscheidungen mit Konsequenzen, Entscheidungen, die unserem Leben eine neue Richtung gegeben haben.
Ein ganz anderes Kaliber sind die Entscheidungen, die wir in Krisensituationen zu treffen haben. Da geht es um Trennung und Loslassen, um schmerzhafte Einsichten und zwingende Kurskorrekturen. Diese Entscheidungen reifen oft schon länger heran, begleitet von wachsender Unzufriedenheit, fehlender Lebenslust oder schweren Konflikten. Ob nun das Aufreiben in einem ungeliebten Job oder das Ausharren in einer toxischen Beziehung – so wichtig es wäre, hier Entscheidungen zu treffen, so schwer fällt es uns in solchen Situationen auch. Die Zweifel, ob es die richtige Entscheidung wäre und die Angst vor den möglichen Konsequenzen lähmen uns förmlich.
Doch es gibt Methoden, die dich durch solche Entscheidungsprozesse führen und dir beim Entscheiden helfen können. Eine solche Methode, die sehr hilfreich dabei sein kann ist eine sogenannte „Pro-und-Contra-Liste“ zu machen. Der große Nutzen besteht darin, dass diese einfache Methode ein wenig Ordnung in unsere Gedanken bringt. Oft schwirren Für und Wider kreuz und quer durch unseren Kopf, und je nachdem, in welcher Stimmung wir gerade sind, gewinnt mal das eine, mal das andere Argument. Da ist es hilfreich, sich die verschiedenen Seiten der Argumentation aufzuschreiben und so auch einmal visuell gegenüberstellen. So siehst du auf einen Blick die wichtigsten Punkte, von denen du deine Entscheidung abhängig machen wirst. Und wie so oft bringt das Aufschreiben auch ein wenig Ruhe und Klarheit in die Gedanken.
Eine weitere gute Methode ist das sogenannte „Münzexperiment“. Dabei kann man Herz und Bauch mitentscheiden zu lassen. Und manchmal trifft man große Entscheidungen aus dem Bauch heraus. Das Bauchgefühl überstimmt den Kopf, wiegen Gefühle, Ahnungen mehr ab, als die im Kopf aufgestellten Tabellen. Doch nicht immer kann man es in Worte fassen, man fühlt es einfach.
Natürlich gehören Mut und Vertrauen dazu, seinem Bauch und seinem Herzen gerade unsere wichtigen Entscheidungen zu überlassen. Aber ich sage mir dann immer, dass das Herz oder der Bauch ja nicht aus einer x-beliebigen Laune heraus „entscheiden“. Sondern das irgendwie die bisherigen Gedanken, die Erfahrungen, die Träume dabei eine wichtige Rolle spielen, ganz unbewusst, ohne jede Tabelle.
Das mag aber auch damit zusammenhängen, dass wir gelernt haben, zu getroffenen Entscheidungen auch zu stehen – und das ist beim Entscheiden ein ganz wichtiger Punkt! Doch was immer du auch entscheidest, stehe dazu!
Wenn wir Entscheidungen treffen wollen, so sollten wir die Balance zwischen Herz, Bauch und Kopf suchen. Wir werden in unserem Leben sicher unseren eigenen Weg gefunden haben, ihre Entscheidungen zu treffen. Aber ich gebe zu bedenken, diesen Weg ab und zu auch mal auf den Prüfstand zu stellen, öfter mal einen Rückblick zu wagen und gleichzeitig Neues auszuprobieren.
Doch nun wollen wir an dieser Stelle auf die wohl größte Aufgabe blicken, die wir in unserem Leben haben: Das Loslassen. Loslassen in wenige Worte zu fassen, ist ehrlicherweise unmöglich. Für mich ist Loslassen die höchste Kunst der Veränderung. Das bringt es auf den Punkt.
Doch wenn wir angefüllt sind mit Zweifeln, dann ist kein Platz in uns für eine neue Sichtweise auf uns und die Sache, die wir uns vorgenommen haben. Selbst wenn wir offen sind für diese Veränderung in unserem Leben, wird das neue Wissen durch uns hindurchströmen wie bei einem groben Sieb, ohne dass die Essenz bei uns bleiben kann.
Das Loslassen ist aus ganz verschiedenen Gründen nötig und deshalb auch ganz unterschiedlich schwer. Es ist auch so ein bisschen wie bei einem Umzug. Manches hat sich angesammelt, das schöne Erinnerungen in sich trägt. Es gibt keinen wirklichen Anlass, sich davon zu trennen, außer den einen: Mit der Zeit nimmt all das so viel Platz ein, dass der Platz für Neues fehlt. Es entsteht eine Enge, die wir mehr und mehr spüren. Es wird Zeit, Platz zu machen.
Es gibt aber auch andere Dinge, die wir schon gern loslassen würden, weil sie uns so unendlich belasten. Ein Beispiel dafür sind toxischen Beziehungen. Hier ist die Erkenntnis, dass wir diese unbedingt loslassen müssen und unsere Kraft, es dann auch zu tun, oft lange weit auseinander. Ein solcher Loslass-Prozess braucht Klarheit und Kraft in uns drin. Er braucht Zeit und meistens auch gute Freunde, die einem beiseite stehen.
Eine andere Form von Loslassen wird uns auferlegt, wenn wir von Menschen Abschied nehmen müssen. Von eigenen Kindern beispielsweise, weil irgendwann der Tag kommt, an dem sie groß sind und ihre Koffer packen. Aber es ist auch zugleich ein großartiger Moment, mit dem das Leben unserer Kinder völlig neue Perspektiven bekommt und ganz neue Herausforderungen für sie – aber auch für uns selbst – bereithält. Das ist ein Loslassen, das immer auch ein Stück Bleiben und Wiederkehr enthält. Ein Stück Weinen, aber auch ein Stück Lachen. Es ist ein Loslassen, das Spuren in unserem Herzen hinterlassen, dir aber auch die Tür in ein neues Leben weit öffnen wird.
Silvia Exner